Freitag, 28. August 2015

Berufsmusiker sein

- Was heißt das eigentlich ? 


Liebe Leser, 
Sehr oft werde ich gefragt, was am Musiker sein außer dem vielen Üben denn noch so dran sei. Hier die Antworten. ;-) 

Ein paar Fakten, auf die sich angehende Musiker einstellen sollten... 


Ein eiserner Wille & das Ziel immer im Blick 
Wer Orchestermusiker werden will braucht eines vorallem: Beharrlichkeit. 
Jeden Tag mehrere Stunden üben und sich immer wieder sagen, wo man später landen will (sei es in einer Musikschule, einem Orchester oder als freischaffender Musik, je nachdem wo das Ziel hinfällt muss der Übebedarf angepasst werden).  

Scheitern ist Alltag
Nobody's perfect. Und so machen wir natürlich in unserer künstlerischen Laufbahn immer wieder Fehler, die uns hoffentlich weiter- und immer wieder an unsere Grenzen bringen. Niemand wird als großer Musiker geboren und jeder muss künstlerisch erstmal sehr oft auf die Nase fallen bevor es Berg auf geht, also lieber angehender Musikstudent: Stellt euch ein auf verbratzte Vortragsabende, Nervosität und peinliche Muggen. Es wird besser, versprochen. ;) 



Arbeiten, wenn andere frei haben
Feiertage, Wochenenden, Ferien... alle anderen haben frei? Musiker nicht. Denn gerade an diesen Tagen hat die Konzertszene Hochsaison und wer auf Gage angewiesen ist nimmt auch Muggen an Heiligabend an, wenn andere leicht dösig in ihren Kirchenbänken der Messe lauschen und ihr Weihnachtsoratorien herunterschrubben dürft, die natürlich an den vorherigen Tagen schon geprobt wurden. 

Druck/Jobaussichten
Ja, wir wissen wie hart das Leben als Berufsmusiker wird. Und ja, wir versuchen trotzdem unser Glück. Wie das trotz üblen Prognosen sämtlicher Berufsberater gut gehen kann? 
Sich umsehen in der Welt. Bleibt nicht nur im behaglichen Umfeld euerer Hochschule, sondern seht euch auch mal in anderen Instrumentalklassen anderer Hochschulen an, wie die "Konkurrenz" so tickt. Viele Musiker fallen leider erst einmal in Wehklagen wenn sie das erste Mal aus ihrem Hochschulumfeld weg sind und sind erstaunt, dass es auch draußen viele gute Leute gibt. 
Also seid unvoreingenommen und offen für andere Musiker um euch selbst mit dem Pool an arbeitssuchenden Musikern vergleichen zu können. 

Gesundheit & Belastung
Überbelastungen erkennen und ausbremsen lernen ist ein weiterer wichtiger Faktor. Wer jede Woche eine Sehnenscheidenentzündung hat, der wird nicht weit kommen. Dein Körper ist dein Tempel und will gepflegt werden, damit Du deinen Beruf auch möglichst lange ausüben kannst. Also ist es wichtig, musikermedizinische Seminare an der Hochschule zu besuchen oder den eigenen Hausarzt zu fragen, welchen sportlichen Ausgleich zum Instrument man braucht. Auch ganz wichtig: Zu hohe Belastung mit der Zeit erkennen können und wissen, wann Pausen dringend nötig sind. 





Opfer bringen
Über den Punkt "Arbeiten wenn andere frei haben" ist es ja schon angesprochen worden: Feiertage sind Arbeitstage und somit für Familienausflüge nicht unbedingt geeignet. Auch lebt man oft bei Muggen in verschiedenen Städten aus dem Koffer oder ist im Alltag nicht viel zu Hause sondern in der Übezelle. Ihr seht schon worauf ich hinaus möchte: Die Familie kommt leider oft zu kurz und man braucht schon viele verständnisvolle, liebe Menschen um einen herum, die einem ständig hinterher telefonieren und Verständnis für deinen Beruf haben. 
Auch was das Üben angeht: Kein Familienbesuch über mehr als einen Tag ohne Üben und auch Jugendliche, die noch zuhause wohnen müssen zuhause üben können und eine verständnisvolle Familie haben. Es ist nunmal kein Hobby, sondern ein Beruf der viel Heimarbeit verlangt. 

Sei kein Fachidiot
Ein Musiker, der wirklich nur über sein eigenes Instrument reden kann ist im besten Falle eines: Lästig. Macht sich im übrigen auch nicht gut bei Kantoren oder Muggengebern... also sei kein Fachidiot! Geh offen durch die Welt, informiere dich über das Weltgeschehen und lies auch mal ein Buch, dass nichts mit deinem Instrument zu tun hat. 

Die Übezelle, dein zweites Zuhause
Du wirst sehr, sehr, sehr, sehr viel Zeit dort verbringen... 


Ein dickes Fell antrainieren
"Warum machst Du nicht mal richtige Musik aus den Charts?" "Kann man davon leben?" "Helene Fischer verkauft bestimmt mehr Platten als so ein Klassiktyp." "Das große Geld wirst Du davon nicht verdienen..." "Willst Du etwa ein Star werden?" 
...man könnte diese Liste der Fragen, die kein Musiker hören will, noch unendlich weiterführen. Wer Musiker werden will muss sich auf eines vorallem einstellen: Auf den Hohn der Ahnungslosen, die wenig dafür können, dass sie über deinen Beruf so denken wie sie es eben tun. Es gibt einfach sehr viele, die von der klassischen Musik und ihrem Umfeld keine Ahnung haben. Nicht wissen, dass es Berufsorchester gibt oder sich schon lobend auf die Schulter klopfen, wenn sie "klassische Musik auch mal gerne hören" und damit die Filmmusik zum neuen Till Schweiger Film meinen (ja, ich höre sie mir auch mal ganz gerne an, aber ihr wisst was ich meine). Es ist als hätte man Japanologie studiert, nur das bei Musik die meisten denken sie hätten eine umfangreiche Ahnung bei MTV erworben und könnten über "langweilige" klassische Musik urteilen; bei Japanologie würde dich jeder erstmal fragen: "Ah ok und was musst Du da genau machen?"
Die meisten finden klassische Musik nur deswegen "langweilig", weil sie sie nicht kennen und der Zugang zu ihr auch zugegebenermaßen leider etwas erschwert ist. Aber dazu vielleicht ein andermal  mehr... 

Netzwerken/Selbstmanagement/Ruf als Musiker
Wichtig ist als Musiker sich ein Netzwerk aufzubauen um weitere Muggen in Aussicht zu haben. Kannst Du mal bei einer Mugge nicht, ist es immer besser für Ersatz zu sorgen als einfach abzusagen.  Auch deine Mitstudenten freuen sich wenn Du sie für ein Konzert fragst und fragen dich vielleicht zurück. Hierzu gibt's ausführlich meinen Konzertknigge

Verhandeln
Auch ein eher unbequemes Kapitel des Musikerseins: "Wieviel wollen Sie denn haben?"
Gehört leider mit dazu. Falls ihr beim Verhandeln gefragt werden, wie eine Stunde musizieren denn "so teuer" sein kann (ja, es gibt Leute die denken ein Musiker braucht doch nur 20 Euro für einen Auftritt), bedenkt, dass nicht nur ein Musiker zum Musik machen kommt, sondern eine ausgebildete Fachkraft, die Jahre lang geübt hat, einen Lebensunterhalt von seinem Beruf bezahlen muss, Instrumente warten und kaufen muss, für den Auftritt zusätzlich Stunden noch probt etc. Und dafür reichen 20 Euro bei weitem nicht aus. 

Das Klavier/Nebenfächer
Ihr könnt euch wehren & beschweren: Das Klavier, Gehörbildung, Musiktheorie und -geschichte und viele weitere theoretische Fächer werden euren Weg begleiten und das bis zum Ende des Studiums und meistens noch darüber hinaus. Denn historische Aufführungspraxis oder das Wissen wann ihr in einer Schönbergsinfonie eine Hauptstimme und eben keine Nebenstimme habt ist bei Muggen manchmal goldwert. 

Der liebe Nachbar
Ich hatte schon Nachbarn, die sich wünschten ich würde ganz alleine im tiefsten Wald in einem schallisolierten Bunker wohnen und dort mit meiner Trompete abgeschnitten von aller Menschheit üben...
Auch hier ist Verständnis und Verhandlungsgabe gefragt, denn auch wenn die Gesetzgebung klar sagt, dass ein Berufsmusiker zuhause 2-3 Stunden am Tag üben darf, sieht die Realität durch genervte Nachbarn leider oft ganz anders aus.
Nicht alle Musiker haben leider den Luxus eine abgelegene Übezelle in der Nähe zu haben in der sie sich zurückziehen können oder wohnen sogar in einem eigenen Haus. Also sehr wichtig für Musiker: Haltet euch eure Nachbarn warm, sprecht mit ihnen ab wann es ihnen lieb ist, dass ihr übt und erklärt ihnen auch, warum es existenziell für euch ist. Haltet Ruhezeiten ein und backt der alten Dame, die gerne mal gegen das Heizungsrohr schlägt sobald ihr eure Übezeiten nicht einhaltet, einen großen Kuchen...

Hochs und Tiefs
Eurer Leben, eine Sinuskurve! Ihr werdet unfassbar tolle Konzert haben und eben leider auch genau das Gegenteil, stellt euch also auf eine spannende Berg- und Talfahrt ein. 

Das Selbstbildnis
Niemals darf man vergessen, wer man ist und was man will. Ja natürlich, man wird auch mal Konzerte annehmen auf die man hinterher nicht so stolz sein wird und die eben genannten Hochs und Tiefs zerren schließlich auch am Selbstbild. Trotzdem immer versuchen sich daran zu erinnern was man kann, was man schon geschafft hat und wo man hin will. 


Die Liebe zur Musik nicht verlieren
Das wichtigste zum Schluss: Vergiss niemals, warum dir die Musik das Ganze überhaupt wert ist und was dich so an ihr fasziniert!


In diesem Sinne: Viel Spaß am Musiker sein, egal ob Laie oder Berufsmusiker, wer was erreichen will und viel dafür tut, der wird es auch eines Tages schaffen!


Bis bald,
Eure Mareike


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