Sonntag, 8. Februar 2015

Warum es jedes Kind verdient seinen eigenen Instrumentallehrer zu haben.

Ein Hoch auf den instrumentalen Einzelunterricht! Ein Plädoyer.

Ich gehöre noch jener Generation an, die von sich sagen kann, dass sie das Privileg hatte einen „eigenen“ Trompetenlehrer zu haben. „Eigener“ meint in diesem Sinne, dass er 45 Minuten in der Woche (meistens jedoch sogar mehr) nur für mich da war. Mittlerweile sind seit meinem ersten Trompetenunterricht schon mehr als 15 Jahre vergangen, ich studiere mein Instrument und habe bei meinen Professor sowieso 90 Minuten in der Woche lang Unterricht, unterrichte selbst und habe doch ein unangenehmes Bauchgefühl wenn ich über den heutigen Instrumentalunterricht nachdenke. Um während meines Studiums über die Runden zu kommen habe ich Bläserklassen unterrichtet, Privatschüler gehabt und sogar ein paar Stunden JeKi (jedem Kind ein Instrument) vertreten. Ich war also schon auf beiden Seiten: Der Schüler und der Lehrer. 

Die einzige Perspektive, die mir noch dazu fehlt, um alle Facetten des Instrumentalunterrichts vollständig nachvollziehen zu können, wäre der Elternteil. Man vergebe mir also für diese nur zweiseitige Argumentation. 


Ich bin kein Freund von Bläserklassen und auch nicht von JeKi; ich finde es nicht schlecht die Schulbildung, die sowieso immer umfangreicher wird auch mit dem Instrumentalunterricht zu verknüpfen. Nur mit dem Gruppenunterricht tue ich mich schwer. 

Er ist für mich wie Kaffee mit Milch und Zucker: Auf den ersten Blick einen Schluck zum Probieren wert, aber im Endeffekt trinke ich meinen Kaffee lieber schwarz. Auch Kaffee mit Milch und Zucker habe ich in den Anfängen meiner Kaffeebiografie gerne getrunken; auch war mir früher nicht wichtig, wieviel Konzentration Kaffee nun in diesem Gebräu steckte, ich fing ja noch damit an, mich an den Geschmack zu gewöhnen. Und nun gibt es eben nur noch schwarzen Kaffee, gesünder als mit Milch und Zucker (keine Gefahr irgendwann Diabetiker zu werden) und für diejenigen die auf ihre Figur achten und die Fettverbrennung ankurbeln wollen auch noch effektiver...



Was heißen soll -um euch nicht mit Kaffeemetaphern zu langweilen-, dass ich nicht prinzipiell in jeglicher Situation gegen den Gruppenunterricht bin. In der Elementaren Musikpädagogik (ohja, endlich kann ich meine Studienwurzeln mal zur Schau tragen) ist er sogar sehr wichtig, um spielerisch den Zugang zur Musik zu erleichtern und auch schon von Kleinauf intuitiv Musikverständnis zu bekommen. Aber nachdem der Zugang zur Musik geschaffen ist und ein Instrument gelernt werden soll, gibt es einfach nichts Besseres als seinen eigenen Lehrer im Einzelunterricht zu haben und ich bin unendlich dankbar, dass ich dieses Privileg mein Leben lang hatte. 


Hier meine Gründe: 


Der eigene Mentor. Ein Erwachsener, der Zeit hat…
Ich muss ernsthaft sagen, wenn ich an meine Kindheit und Jugend zurückdenke waren meine Eltern und mein damaliger Lehrer immer meine wichtigsten Bezugspersonen außerhalb des Freundeskreises. Zu meinem Lehrer bin ich immer gerne gefahren, nicht nur weil ich etwas gelernt habe, sondern, weil er mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand, nicht nur in trompeterischen Dingen. 
Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, in der beide Elternteile oft arbeiten und viel zutun haben. Das ist auch gar nicht schlimm und verständlich wenn jeder Karriere machen will, doch deswegen ist es so wichtig noch einen Erwachsenen zu haben, der da ist, zuhört und bei Problemen ein neutrales Medium bildet.



Jemand, der weiß was Du kannst und dich motiviert. 
Nur im Einzelunterricht können Stücke ganz gezielt zum Schüler ausgesucht werden, dass er auch Fortschritte macht ohne über- oder unterfordert zu werden. Und dein Lehrer findet nach und nach heraus, welche Musik Du machen willst und muss keinem Lehrplan, sondern deinem Plan folgen. Und ist es nicht schön, dass es jemanden gibt, der sich bei deinen Fortschritten genauso freut wie Du, weil er live dabei ist und sieht wie schnell es mit dem richtigen Üben geht? 

Spart Zeit und Geld!
Das muss man erst erklären: Eine 45 Minuten Einheit kostet im Einzelunterricht ca. 25 Euro, für den Unterricht in der Bläserklasse zahlen die Eltern  ca. 10 Euro pro Unterrichtsstunde á ebenso 45 Minuten (plus Miete des Instruments) mit 6-8 Kindern in der Gruppe. Das heißt der Lehrer hat für jeden Schüler ca. 7,5 Minuten in der Woche Zeit (allerdings bei viel Optimismus und mit 6 Kindern gerechnet). Hochgerechnet kostet also eine Stunde Einzelunterricht 33,3 Euro, während der Gruppenunterricht für ein Kind mit 60 Minuten voller Zuwendung 79,9 Euro kostet. Ganz schön teuer, oder? Und der Lehrer in der Klasse überzieht bestimmt nicht, nur weil ihr gerade so gut arbeitet… Gruppenkonstellationen lassen nur einen sparen und das sind sicherlich nicht deine Eltern… 

Anekdoten, Anekdoten, Anekdoten!
"Oh, da ist mir auch mal so was passiert..."
Beim Gruppenunterricht leider meistens gestrichen: Ein guter Instrumentallehrer weiß zu deiner eigenen Lage (zum Beispiel wenn Du mal Lampenfieber hast) immer eine gute Geschichte!

Dein Lehrer ist vom Fach!
Was viele gar nicht wissen: In der Bläserklasse werden auch Musiklehrer für Instrumente eingeteilt, die sie nie gelernt haben und zudem sie nur eine kurze Weiterbildung bekommen. Ist es nicht viel besser bei jemandem sein Instrument zu lernen, der es auch beherrscht und außerdem sich selbst für sein Instrument interessiert, die Liebe zur Musik teilen kann und Dir Musik zeigen kann, die Dir gefallen könnte? 


Du sollst kein Virtuose werden, wenn Du es nicht willst… 
…aber auch kein frustrierter Laie.
Ein Virtuose wird nicht nur durch Begabung Virtuose. Es steckt viel Fleiß und ein guter Lehrer dahinter. Doch, wenn Du es nicht möchtest, musst Du kein Profi werden und kannst Musik als großartiges Hobby machen. Aber wer möchte ein Hobby ausüben, indem er keine Fortschritte macht? Ein Instrument zu spielen ist eine komplexe Sache und es geht nur allzu schnell dass sich Fehler einschleichen, die dein ganzes musikalisches Leben beeinflussen. Wer eine falsche Technik hat kann anfangs noch einigermaßen spielen und Fortschritte machen, landet jedoch irgendwann in einer Sackgasse oder kann im schlimmsten Fall gar nicht mehr spielen. Der Grund?
Aus trompeterischer Sicht kann man sich die Lippe so lange abquetschen, bis sie nicht mehr schwingen kann und da Schwingungen für die Tonerzeugung gebraucht werden… tja, irgendwann ist dann leider Schluss mit dem Hobby. Bei zu vielen Schülern gleichzeitig hat der Lehrer keine Übersicht mehr, ob das bei Dir der Fall ist. Dann lieber einen treuen Begleiter haben, der dich auf Fehler aufmerksam macht! Denn: Ansatzumstellung sind ein sehr steiniger und langer Weg!
Das weiß auch Till Brönner, wie er in einem Artikel, den ich euch unten verlinkt habe, erzählt. Und auch nach der Umstellung hat er manchmal Angst in die falsche Technik zurück zu rutschen.*


Jedes Kind hat es verdient, seinen eigenen Lehrer zu haben, der sich einmal in der Woche nur dem Schüler widmet. :-) 

Bis bald, 

Eure Mareike





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Und ein zweiter Artikel von 1990 von dem Posaunisten Heinz Fadle, wie gut er sich nach der Umstellung fühlte, wie schlimm jedoch die Zeit währenddessen war:

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