Sonntag, 25. Januar 2015

Am Sonntag sollst Du ruhen...?

Soll man einen Tag in der Woche komplett das Üben sein lassen? 


Einen schönen Sonntag liebe Freunde der schnellen Schwingungen (in Form von Musik natürlich)!

Eine Frage, mit der ich mich schon seit Jahren, manchmal ernsthaft und manchmal eher aus Bequemlichkeit, beschäftige: Soll man als Musiker einen Tag in der Woche nun Pause machen oder nicht? Ich habe mich für euch mal etwas ausführlicher damit beschäftigt... 

...aus Sicht von Trompeterberühmtheiten gibt es auch dort verschiedene Meinung. Während Max Schlossberg zu sagen pflegte: "Missing a day's practice is like comitting suicide!"* lies sich Roger W. Spaulding in seinem Buch "37 weeks to double high c"** aus der Sportlerwelt inspirieren und kommt zu dem Schluss -kurz zusammengefasst, es steht natürlich viel mehr in diesem Buch- nach einer Phase großer Belastung im Übeprozess einen Tag Pause ist durchaus zu empfehlen. 

Schauen wir uns mal die verschiedenen Bereiche an, die zum Trompete spielen oder eben zum Musik machen dazu gehören...

Darf der Notenständer an einem Tag der Woche auch mal leer bleiben? 


1. Die Sicht aus der Sportlerwelt:

In der Sportlerwelt geht man davon aus, dass Muskeln nicht während eines Trainings wachsen, sondern während der Regenerationsphase. Das kommt zum Teil daher, dass der Körper einfach nicht die Kraft hat, sich bei der Beanspruchung eines Trainings auch noch mit dem Aufbau der Muskeln zu beschäftigen. Er ist also während einer Trainingseinheit  ganz und gar der Belastung ausgeliefert. 
Als Faustregel setzt sich ein Sportler für eine bestimmte Muskelgruppe etwa einen Tag Pause zwischen den Trainingseinheiten. Dabei hängt natürlich die Länge der Ruhepause von der Intensität des geübten Trainings und der Belastung ab. Da wir es beim Üben hauptsächlich mit kleineren Muskelgruppen als bei den meisten Sportarten zu tun haben, ist es allerdings nicht sehr ratsam zu lange Pause zu machen, da sich die feinen Muskeln nach dem Aufbau auch schneller wieder abbauen können. So macht ein Jogger oder Radfahrer -wo ja wirklich große Muskeln beansprucht werden***- laut dem Sportwissenschaftler Ingo Froböse, Professor der deutschen Sporthochschule Köln, nach seinem Ausdauertraining mindestens 36Stunden oder sogar 2 ganze Tage Pause bis er wieder trainiert. 
Noch ein Fakt aus der Sportlerwelt zum Thema Pausen: Wer sein altes Pensum nicht mehr schafft, sollte keineswegs ganz aufhören zu trainieren, sondern lieber in kleinere Einheiten zerlegen.
Fazit aus der Sportlerwelt ist also, dass Pause machen dem Körper Zeit, die er auch braucht, gibt um sich an die steigenden Anforderungen anzupassen, den Energiespeicher wieder aufzufüllen und Muskeln aufzubauen. (Den ganzen Artikel von Herr Froböse verlinke ich euch unten bei den Bemerkungen). 


2. Die Sicht aus der Welt der Hirnforschung:

Auch die Hirnforschung geht an diese Fragestellung ganz ähnlich heran und sieht die Gefahr in unserer "Hektomatik-Welt", in der es zu normal geworden sei 24 Stunden in der Woche erreichbar zu sein und somit das Berufliche mit dem Privaten zu sehr verschwimmen zu lassen. Durch die ständige Beschäftigung mit einer Sache, kann das Gehirn sich geistig nicht mehr regenerieren, wodurch das typsiche Burn-Out entstehen kann. 
Zudem ist auch bekannt, das Schlaf ebenfalls sehr wichtig ist um zu verarbeiten, was man so den ganzen Tag gelernt hat. Daher kommt dann wohl auch der Spruch: "Eine Nacht drüber schlafen".

Na gut, das mit dem Schlaf war mir auch irgendwie klar. Allerdings interessiere ich mich ja auch für den Effekt eines ganzen Tages in der Woche ohne das Üben, nicht für eine Nacht wo ich ja sowieso schlafe und nicht immer von schönen erholsamen und faulen Tagen auf dem Sofa träumen kann... 
Für die unter uns, die sich auch einfach mal mit Nichtstun belohnen wollen, hat die Hirnforschung eine gute Nachricht: 
Es sei genauso wichtig, bewusst erlebte Phasen des Nichtstuns zu haben. 
Der Kulturwissenschaftler Wolfgang Schneider hat das übrigens mit seiner "Enzyklopädie der Faulheit" uns arbeitswütigen, nach freien Tagen lechzenden und ewiglich schlechten Gewissens geplagten Kindern der Leistungsgesellschaft geschafft uns eine kleine Sorgenfalte im Gesicht zu nehmen und macht gelegentliche Faulheit und Müßiggang als Voraussetzung für Kreativität und psychische Gesundheit. Dazu gibt es in seinem Buch aufgelistete Persönlichkeiten, die eben dieses Mantra befolgten und dadurch in ihrer eigenen Sicht erfolgreicher wurden, darunter Churchill, Brecht und Einstein.****
Und auch geschichtlich gesehen zum Beispiel in der Antike war das Innehalten eine Quelle der Inspiration für Dichter und Denker. Also sollten wir es vielleicht zur Abwechslung auch mal  uns horizontal auf einer Liege befindend mit einer Schale Weintrauben versuchen... 
Zusammenfassend sagt die Hirnforschung also Pausen und Phasen des Nichtstuns sind wichtig und bedeuten keineswegs neuronale Inaktivität. Wer also sein Gehirn absolut abschalten will, der schafft das noch nicht einmal mit fernsehen... 
Im Artikel vom Spiegel, den ich euch auch unten verlinkt habe, steht auch was im Hirn so passiert, wenn man seine eigene Faulheit übertreibt und 24/7 gar nichts tut. Da mein Interesse allerdings darin besteht fleißig zu sein und sich dann eine Pause zu gönnen, dürfte das hier wohl den Rahmen sprengen. 


3. Aus der Musikerwelt: 

Zur Zeit geistert ja überall der Satz "Wer 10.000 Stunden übt, wird ein Profi" herum; allerdings finde ich es persönlich sehr schwierig beim Üben nur von Quantität zu sprechen, da die Qualität genauso wenn nicht sogar wichtiger ist. Auch hier habe ich euch einen Artikel von Welt.de verlinkt, denn ich gerne zusammenfassen möchte:
Wolfram Goertz von der Musikerambulanz der Universitätsklinik Düsseldorf sagt dazu, dass viele Musiker weit (!) hinter ihren Möglichkeiten seien, da sie nicht richtig trainieren/üben. Der Körper wird überstrapaziert und 70% der Musiker (hier aus einer Studie in Deutschland) bekommen im Laufe ihres Lebens gesundheitliche Probleme, die aufs Üben zurückgehen. Deswegen sei es besonders wichtig auf physiologische und lernpsychologische Vorraussetzungen zu achten. 
Der Weg mit Blick auf die Sportler- und Welt der Hirnforschung lohnt sich also. 

Das Gehirn braucht nach dem Üben eben Zeit sich komplexe Bewegungsabläufe wie eben beim Musizieren einzuprägen. Das heißt für Goertz feste Pausenintervalle in's Üben einbauen und Techniken des passiven und stummen Übens in den Übeprozess zu integrieren. Also alle 45 Minuten Pause machen und auch mal Zeit damit verbringen sich das Stück von einem anderen Interpreten anzuhören oder die Noten nur im Kopf durchzugehen. 
Nach großer Belastung und wenn man als Musiker merkt: "Heute geht gar nichts" empfehlen Mediziner einen Tag Pause. 

Die schlafende Trompete. Im Schlaf lernt man angeblich am besten. 

Was heißt das jetzt für mich in meinem Großprojekt effizient zu Üben? 

Ich selbst möchte mir die Regel machen "So viel wie möglich üben."
Wobei die Betonung hier auf wie möglich liegt und womit ich soviel wie es auch bringt meine.  Ich möchte also Pausen machen bei denen sich meine Muskulatur aufbaut und nicht damit anfängt wieder abzubauen. Das heißt keine zu langen Pausen.
Mit einem ganzen Tag Pause tue ich mich in intensiven Übephasen etwas schwer, probiere jetzt jedoch die nächsten Wochen mal aus, wie es ist einen Tag mit großer Belastung zu üben (viele Konditionsübungen zumachen und erst aufzuhören, wenn die Mundwinkel ziehen) und danach einen Tag Pause beziehungsweise sehr wenig zu machen. 
Also besteht mein nächster Sonntag aus viel Buzzing, Mundstückspiel und Atemübungen. Die Trompete darf erstmal am freien Tag ein wenig schlafen, lernt man doch im Schlaf am besten. 

Meine Notizen also für den Übeplan nächste Woche: 
  • ein Tag Pause nach hoher Belastung -> lange Üben, Konditionsübungen machen
  • Der Tag Pause nicht ganz ohne Üben -> Buzzing, Mundstück und Atemübungen um einen Abbau von feiner Muskulatur zu vermeiden. 
  • nach 45-Minuten sind 15-20 Minuten Pause angesagt. 
  • auch mal beim Üben passiv oder stumm üben. 
  • auf den eigenen Körper hören: Bei Schmerzen oder Schlappheit aufhören.

So, die Artikel könnt ihr dann nachlesen, unten ist alles verlinkt. :-) 
Ich freu' mich sehr über eure Meinung wie ihr das ganze handhabt oder ob euch das ganze geholfen hat...

Bis bald, 
Eure Mareike

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*Anmerkung der Bloggerin: Unser lieber Schlossberg, 20 Jahr lang Trompeter der New Yorker Philharmoniker (Gott hab ihn selig) verglicht einen Tag Pause beim Trompeteüben mit der Vorbereitung auf einen Selbstmord. Sehr einfühlsam. 
**Anmerkung der Bloggerin: "In 37 Wochen zum C4". Eigentlich passender Titel zum Thema schwere Geburt... 
***Anmerkung: der Quadrizeps-Muskel, einer der Oberschenkelmuskel zum Beispiel ist der größte Muskel unseres Körpers.
****Immerhin spielte Einstein ja auch Geige. 


Die Artikel zum Thema hier verlinkt: 

Wikipedia zum Thema Krafttraining: http://de.wikipedia.org/wiki/Krafttraining

Ein Artikel zum Thema Fitness und Pausen von Ingo Froböse:
http://www.t-online.de/lifestyle/abnehmen/id_43973958/fitness-beim-sport-bringt-die-pause-den-erfolg.html

Der Spiegel Artikel über Pausen aus dem Blick der Hirnforschung:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/hirnforschung-pause-macht-produktiv-a-707465.html

Artikel von Welt.de mit Wolfram Goertz:
http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article115708816/Wer-10-000-Stunden-uebt-kann-ein-Meister-werden.html



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